Ich bin von Geburt an behindert. Bei der Geburt wurden Teile des Gehirns mit Sauerstoff unterversorgt. Dadurch wurden Sprache, Feinmotorik und Gleichgewicht erheblich beeinträchtigt. Ich sitze im Rollstuhl, bin aber relativ gut in der Lage mich verbal mitzuteilen und habe mir eine gewisse Selbständigkeit erarbeitet insofern, als dass ich seit 10 Jahren in einer eigenen Wohnung lebe, und die Hilfe, die ich benötige, selbst organisiere, wie auch meine Freizeitgestaltung. Zu meinen Hobbys gehört u. a.: Elektrorollstuhlhockey, Konzertbesuche, Urlaub machen (Reisen innerhalb Europas z. B. London, Paris, Lanzarote, Korsika, Kreta, Holland, Ungarn), Kneipen- und Restaurantbesuche, auf Partys gehen.

Zur Sexualität von Behinderten kann man soviel sagen, dass die Chance für einen Körperbehinderten wie mich eine normale Sexualität mit Nichtbehinderten zu haben, äußerst gering ist, weil nach meiner Erfahrung viele Nichtbehinderte denken, dass Behinderte kein Sexualleben benötigen. Der andere Teil der Nichtbehinderten kann sich keinen Sex mit Behinderten vorstellen, wegen den Hemmungen in Bezug auf die Behinderung, die im Vordergrund steht.

Zu meiner eigenen Sexualität kann ich sagen:

ich betreibe Selbstbefriedigung in mehreren Arten. Ich habe schon eine Beziehung von zweieinhalb Jahren mit einer nichtbehinderten Frau gehabt (auch in sexueller Hinsicht). Diese Beziehung brachte neue Erfahrungen, vor allem im körperlichen Selbstempfinden. Zum Beispiel brachte ich die Missionarstellung fertig, was ich mir vorher nicht vorstellen konnte.

Nach Aussagen von ihr, gab es beim Geschlechtsverkehr keinen spürbaren Unterschied zu Nichtbehinderten.

Soweit zu meiner Person. Ich möchte aber ein paar kritische Fragen aufwerfen:

Zum Glück bin ich in der Lage, mich selbst zu befriedigen, aber es gibt schwerer Behinderte als mich, die ohne Hilfe sich nicht befriedigen können. Ich finde Sex ist ein Grundbedürfnis wie Essen und Trinken. Nach meiner Meinung sollte das Pflegepersonal Hilfestellung leisten dürfen, aber sie haben oft große Probleme damit, oder sind nicht bereit, teils wegen der rechtlichen Lage (Unzucht mit Abhänigen wie z. B. in Heimen), teils wegen bloßer Verklemmung.

In manchen Einrichtungen (vor allem in katholischen) ist das Thema Sexualität absolut tabu. Woher nehmen sich solche Einrichtungen das Recht heraus, diese Grundbedürfnisse den Behinderten zu verweigern?

Natürlich sehe ich schon die Problematik bei behinderten Frauen, wenn sie schwanger werden und die Frage im Raum steht, wie sie für das Kind sorgen können (bei Nichtbehinderten stellt sich niemand diese Frage!). Bei geistig behinderten Frauen ist die Frage noch problematischer.

Dürfen geistig behinderte Frauen zwangssterilisiert werden, um nicht schwanger zu werden?

Pro:

  1. Um gefahrlos Sex genießen zu können ohne die Folge der Schwangerschaft
  2. Um der Kinder willen, da die Gesellschaft Behinderungen aller Art leider fast gar nicht toleriert, und die daraus folgenden Probleme des Kindes können so vermieden werden.
  3. Bei Behinderungen durch Gen-Defekte, die auf ein Kind übertragen werden würden

Contra:

  1. Das Grundgesetz wird massiv verletzt durch so eine Maßnahme, denn die Würde des Menschen ist unantastbar. Eine Entfaltung der Persönlichkeit ist nicht gewährleistet, wie z. B. ein Kinderwunsch
  2. Außerdem würde diese Mentalität dem 3. Reich wieder ähneln, in der Menschen mit “Abnormitäten” keine Chance bekamen.

F.R.